Stefan Schneider - Wohnungslosigkeit und Subjektentwicklung

7.4. Auswertung des Untersuchungsmaterials

In dreierlei Form wurde Datenmaterial erhoben:

Zunächst habe ich nach Abschluß der Datenerhebung (Feldforschung) zu den einzelnen Personen das erhobenen Datenmaterial quasi als "Personalakte" systematisch zusammenstellt: Dieses Datenmaterial beinhaltet zum einen Notizen aus meinen Feldprotokollen, d.h. die Passagen, die sich auf die jeweilige Person beziehen. Zum zweiten war das die Karteikarte mit personenbezogenen Daten und Informationen. Das waren Basisdaten zur Person, sowie weitere Angaben zur aktuellen Situation (Lebenslage) und Biografie. Drittens waren dies die Interviewaufzeichnungen einschließlich Notizen zum Gesprächskontext.

Besonderen Stellenwert bei der Auswertung des Datenmaterials hatte die Bearbeitung der Interviewaufzeichnungen. Diese Interviewaufzeichnungen wurden vollständig transkribiert, zur übersichtlichen Erfassung des Gesprächsverlaufs habe ich ein stichwortartiges Inhaltsprotokoll gefertigt. Der vollständige Transkriptionstext und das Inhaltsprotokoll bildeten die Grundlage zur Identifizierung und Rekonstruktion objektiver Daten zum Lebenslauf, des weiteren wurden markante Passagen der biografischen Entwicklung gekennzeichnet und die zentralen Gesprächsinhalte systematisch erfaßt. Auf dieser Ebene der Bearbeitung wurden die anderen Unterlagen (Karteikarte und Feldprotokolle) zum Vergleich und zur Ergänzung herangezogen.

Vorrangiges Ziel war zunächst die Erstellung von Fallstudien. Diese Fallstudien beziehen sich ausschließlich auf die Personen der Untersuchungsgruppe, mit denen Interviewgespräche durchgeführt wurden. Im Zuge der Auswertung des Datenmaterials wurde deutlich, daß den Gesprächsaussagen der Personen der Untersuchungsgruppe ein hoher Erklärungswert zukommt. In der Darstellung der Fallstudien kommen meine Gesprächspartner daher weitgehend selbst zu Wort.

Entsprechend den dargestellten Auswertungsschritten habe ich die Aussagen (z.T. erheblich) gekürzt und stilistisch bearbeitet. Bisweilen war es zur Herstellung des chronologischen Ablaufes notwendig, die Aussagen umzustellen (insbesondere dann, wenn den Gesprächspartnern im Verlauf des Interviews noch etwas "einfiel"). Gleichwohl habe ich mich bemüht, in den Falldarstellungen die Gewichtung der Gesprächsinhalte, die meine Gesprächspartner selbst vornahmen, weitgehend wiederzugeben.

Ich folge damit in den Falldarstellungen weitestgehend einer Vorgehensweise, die LEWIS 1982 exemplarisch in seiner anthropologischen Studie "Die Kinder von Sánchez. Selbstportrait einer mexikanischen Familie" vorgestellt hat.

In den Falldarstellungen sind die Aussagen von mir strukturiert in die Abschnitte "Biografie", "Lebenslage" (aktuelle Situation) und "Perspektiven", sowie durch Zwischenüberschriften. Nur soweit es zum Verständnis notwendig war, habe ich ergänzende Bemerkungen eingefügt. Im Abschnitt "Interpretation" benenne ich, bezugnehmend auf die dargestellten Aussagen die m.E. zentralen Linien der biografischen Entwicklung und die zentralen Aspekte der aktuellen Situation.

Im Kapitel V "Untersuchungsgruppe" sind die systematischen Kriterien beschrieben, nach denen die Auswahl der 17 Personen erfolgte, die im Hauptteil dieser Arbeit (Kapitel VI "Die Wohnungslosen: Darstellung und Interpretation") ausführlich vorgestellt werden. Mit diesen Personen führte ich im Rahmen meiner empirischen Feldforschung im Winter 1991/92 narrative, offen strukturierte Interviewgespräche. Ziel war es, mit dieser Auswahl ein mehr oder weniger charakteristisches Bild meiner empirischen Eindrücke und Erfahrungen wiederzugeben. Anschließend erkläre und begründe ich die von mir gewählte Unterteilung der Gesamtgruppe in vier Teilgruppen. Das systematische Kriterium der Zuordnung ist dabei das Verhältnis der Personen zu den Einrichtungen und Angeboten der Hilfe ("Nähe", "Ambivalenz", "Distanz" und "Selbstorganisation"). Der letzte Abschnitt ist ein tabellarisches "briefing" der Untersuchungsgruppe mit stichwortartigen biografischen Notizen zu jeder Person in Verbindung mit einigen zentralen sozialstatistischen Angaben.

Weiter zur nächsten Kapitelübersicht (= Linear Lesen)

Zurück zur Homepage dieser Arbeit

© Text und Gestaltung: Stefan Schneider (zosch@zedat.fu-berlin.de)
Fotos: Karin Powser - Logo: Willly Drucker
Letzte Änderung: 08.12.97