Stefan Schneider - Wohnungslosigkeit und Subjektentwicklung

6.2. Charakterisierung des Feldes
(Bezirk Berlin-Tiergarten: Stadtteil Moabit, Zoo und Umgebung)

Berlin - Tiergarten ist von Einwohnerzahl (94.000) und Fläche (1341 ha) einer der kleineren Bezirke Berlins, gehört aber wie alle Innenstadtbezirke zu den sehr dicht besiedelten. Der Bezirk ist durch den Großen Tiergarten, einer öffentlichen Parkanlage, getrennt in zwei Teile: In einen südlichen Teil, der von seiner Infrastruktur eng mit dem Bezirk Schöneberg verbunden ist, und in einen nördlichen Teil: Der Stadtteil Moabit.

Der Stadtteil Moabit ist eine im Süden von der Spree, im Osten, Norden und Westen von Schiffahrtskanälen umgrenzte, über 18 Brücken zu erreichende 'Insel', ein Inselkiez. Moabit ist einer der größten innerstädtischen Industriestandorte, ein Handesumschlagplatz mit den Versorgungszentren Westhafen, und Güterbahnhof Moabit, dem Fleisch- und Gemüsegroßmarkt sowie zahlreicher 'alteingessener' Industriebetriebe. Daraus ergibt sich, mehr noch als in anderen Berliner "Arbeitervierteln", eine Tradition unfester Arbeits- und Beschäftigungsverhältnisse: 'Jobs' eben, Tages-, Saison- und Gelegenheitsarbeiten, Arbeit auf Abruf. In Moabit ist, in unmittelbarer Nähe von Westhafen und Großmarkt, auch die Schnellvermittlung des Arbeitsamtes zu finden. "Börse" ist die bei meinen Gesprächspartnern durchgängige Bezeichnung dafür. Überhaupt sind die Arbeitsplätze in Moabit nicht nur konjunkturellen Schwankungen unterworfen, sondern auch zunehmend von fortwährenden Prozessen der Rationalisierung und Automation.

In einem vergleichsweise kleinen Gebiet innerhalb Moabits in der Nähe östlich vom sog. "Kleinen Tiergarten" sind eine ganze Reihe von öffentlichen Einrichtungen konzentriert: Gefängnis, Gericht, Polizeistation, Krankenhaus, Kirchen, Parkanlagen, Spielplätze. Im Stadtteil überwiegen Altbauten "wo unter anderem noch typische Wohnhäuser des Zille-Millieus, Stube und Küche mit Außentoilette, an den Bau-Boom der Gründerzeit erinnern" (BAEDELER 1984, S. 17), von denen ein großer Teil saniert oder modernisiert werden. Der Ausländeranteil Berlin-Tiergartens ist mit 19,5 der dritthöchste von Bezirken Berlins, ebenso ist der Anteil alter Menschen und Sozialhilfeempfänger in Tiergarten überdurchschnittlich hoch.

Die Westberliner Innenstadt (Zoo, Gedächtniskirche auf dem Hardenbergplatz, Ku-Damm) ist am südöstlichen Rand vom Bezirk Tiergarten gelegen, und zu Fuß vom Stadtteil Moabit gut erreichbar. Auch die U-Bahnlinie 9 verbindet Moabit (Bahnhof Putzlitzstraße (Westhafen), Bahnhof Turmstraße über das Hansaviertel, ein Neubaugebiet aus den frühen 60er Jahren (Hansaplatz) mit dem Bahnhof Zoo. Der Bahnhof Zoo selbst sowie die Gegend um den Bahnhof Zoo und dem Hardenbergplatz (Gedächtniskirche) sind in besonderer Weise ein Umschlagplatz und Lebensort für Personen in 'besonderen sozialen Schwierigkeiten'.[4]

1978 wird aufgrund einer Vorlage des Senats von Berlin[5] eine Beratungsstelle für alleinstehende wohnungslose Menschen eingerichtet. Ursprünglich in unmittelbarer Nähe des Bahnhof Zoo gelegen[6], befindet sie sich seit 1980 in den Räumen der Levetzowstraße 12a in Berlin-Moabit. Träger sind das Diakonische Werk und der Caritasverband. Die Arbeit der Beratungsstelle ist dokumentiert in den Jahresberichten.[7] Im Winter 1982/1983 wird in Berlin-Moabit in der Verantwortlichkeit der evangelischen Heilandsgemeinde die erste Wärmestube "Warmer Otto" gegründet. Sie befindet sich seit November 1983 in der Waldenserstr. 33. Die Arbeit dieser Wärmestube ist vergleichsweise gut dokumentiert.[8] Ähnliches gilt für die Darstellung der Entwicklung der Sozialen Arbeit mit Wohnungslosen in Berlin.[9] Einen Überblick über die bestehenden Angebote für Wohnungslose und von Wohnungslosigkeit Bedrohte gibt ein Wegweiser des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg e.V.[10]

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© Text und Gestaltung: Stefan Schneider (zosch@zedat.fu-berlin.de)
Fotos: Karin Powser - Logo: Willly Drucker
Letzte Änderung: 08.12.97