Stefan Schneider - Wohnungslosigkeit und Subjektentwicklung

Anmerkungen zu Abschnitt 2. "Ambivalenzgruppe"

[1] SozialarbeiterInnen.

[2] Er meint die Wärmestuben. Das Gespräch fand in einer Kreuzberger Wärmestube statt.

[3] DIETER ist stark kurzsichtig mit über 4 Dioptrien. Gelegentlich, wenn er etwas lesen oder genau erkennen will, setzt er seine kaputte Brille auf, die er bei sich trägt. Dauerhaft kann er sie nicht tragen.

[4] Er meint die Wärmestube, in der wir unser Gespräch führten.

[5]

"Dennoch hat es allem Anschein nach auch nach Ende der sechziger Jahre in der DDR bis zuletzt einen vermutlich zwar kleinen, doch stets präsenten Kreis von Menschen gegeben, die zwar formal Arbeit und Wohnung hatten, aber dennoch ihrer Arbeit fernblieben und manchmal auch umherzogen und die Nächte im Freien zubrachten. Im allgemeinen Sprachgebrauch - und nicht nur dort (...) - wurden diese Menschen als 'Asoziale' bezeichnet."
(ROHRMANN 1991, S. 76f).

Der Fall von DIETER kennzeichnet die Anfänge eines solchen Übergangs. KIRK 1992a benennt etwas akzentuierter in diesem Zusammenhang eine Gruppe der 'alternativen AussteigerInnen', die zu Zeiten der DDR weder in den Westen übersiedeln, noch beim Realsozialismus mitmachen wollte. In allgemeiner Hinsicht muß die Problematik Wohnungslosigkeit in der DDR im Kontext gesellschaftlicher Ursachen sowie Reaktionsweisen als nicht untersucht gelten. Beiträge wie die von ROHRMANN und KIRK sind hier bislang Pionierleistungen.

[6] Daß es sich hierbei nicht allein um Probleme der Etablierung einer Verwaltungspraxis nach westdeutschem Vorbild handelt, sondern schon wieder um den Ausdruck allgemeiner Strukturprinzipien rechtswidriger Hilfeverweigerung, legt eine Formulierung von ROHRMANN 1991 nahe:

"Leider ist in den neuen Ländern auf die Dauer eine im Vergleich zum Westen mindestens ebenso repressive, wenn nicht eine noch repressivere Sozialhilfepraxis zu befürchten, da dort das Sozialhilfesystem auf absehbare Zeit in weit höherem Umfang überfordert sein wird als in den Alt-Bundesländern. Wie tragfähig dieses Instrument in Zukunft sein wird, wird entscheidend davon abhängen, welche Unterstützung die Kommunen von den Ländern und vor allem vom Bund erhalten, um ihren hieraus erwachsenen Aufgaben gerecht zu werden. Aus eigener Kraft heraus können sie das selbst im Westen auf die Dauer nur mittels der beschriebenen, in der Regel rechtswidrigen Praxis der Hilfeverweigerung."
(ROHRMANN 1991, S. 81).

[7] Vgl. dazu KIRK 1992a.

[8] Ein Sozialarbeiter.

[9] Zwangsumtausch.

[10] Diese historische Besonderheit ist vor allem auf die Tatsache zurückzuführen, daß traditionell in diesen Gegenden eine relativ starke polnische Minderheit lebte, die zeitweise beschränkte Freiheiten an Kulturentfaltung (v.a. polnische Schulen, Zeitungen, Gottesdienste) genoß. Die deutsche Bevölkerung in diesen Kreisen wurde als überwiegen "polenfreundlich" eingestellt angesehen.

[11] Eine Tatsache, die insofern ungewöhnlich ist, da die zwangsweise Kollektivierung landwirtschaftlichen Eigentums in Polen eher die Ausnahme blieb. Der Umstand, daß ERNST als Lohnarbeiter in der Landwirtschaft arbeitet, kann auch als ein Hinweis auf die relative Armut von ERNST' Familie gewertet werden, sei es, daß sie schon vor dem Krieg über keinen Landbesitz verfügte, sei es, daß der Landbesitz nicht ausreichte, die Existenz der Familie abzusichern.

[12] Einen ersten, orientierenden Überblick über die Angebote der Notübernachtung in Berlin liefern MOHAUPT/ OPITZ 1992. Eine exemplarische Darstellung eines Berliner Notübernachtungsprojekts und der Versuch einer Einschätzung ihres Stellenwerts im Gesamthilfesystem ist die Arbeit von BÖHNEMANN/ BUCHHELDT/ EHINGER/ RASSBACH 1992.

[13] Schultheiss ist eine Berliner Brauerei.

[14] Arbeitsamtschnellvermittlung am Westhafen in Moabit in der Nähe des Großmarktes.

[15] Fachbegriff für den Bahnhof Friedrichstraße in Berlin - Mitte. Obwohl in Ost-Berlin gelegen, war der Bahnhof Friedrichstraße zu DDR-Zeiten ein mit U-Bahn und S-Bahn für WestberlinerInnen frei zugänglicher Umsteigebahnhof, zugleich ein Grenzübergang. Der dortige Intershop mit seinen langen Öffnungszeiten war in Berlin die billigste zugleich eine sehr nahegelegene Einkaufsgelegenheit vor allem für Alkohol und Tabakwaren.

[16] HERBERT macht dazu eine Trinkgeste.

[17] Er meint die Moabiter Arminius-Markthalle, in der wir unser Gespräch führten.

[18] Weil es auf die Dauer zu teuer ist, Alkohol in Kneipen zu verzehren und so den Tag um die Ecke zu bringen, sind insbesondere arme Menschen zu Ausweichstrategien gezwungen. Daraus würfeln sich neue Runden zusammen, die im Freien "tagen". Dieses Phänomen ist vor allem in den ärmeren Stadtteilen und Bezirken Berlins häufig zu beobachten, wenn man nur genau genug hinsieht.

[19] PREUSSER legt 1989 in seiner Dissertation "Not macht erfinderisch" eine erste Systematik dieser Überlebenstechniken vor. Vgl. auch PREUSSER 1976, PREUSSER 1983 sowie PREUSSER 1993.

[20] Auf den allgemeinen Zusammenhang von Suizidgefährdung und Wohnungslosigkeit gehe ich in Kapitel VII "Auswertung" ausführlicher ein.

[21] Wohnungslose und Arme werden nicht zu Almosenempfängern degradiert, die Süppchen und Söckchen erhalten, sie können vielmehr aus verschiedenen Menüs wählen, werden wie in jedem anderen Restaurant bedient und zahlen dafür ein geringes Entgelt. Das Personal (KöchInnen, KellnerInnen, Geschäftsführung, Verwaltung) des Vereins, der diese Restaurants betreibt, rekrutiert sich weitgehend aus der Gruppe der Wohnungslosen. Der Verein finanziert sich durch Spenden, Förderermitgliedsbeiträgen, Patenschaften sowie dadurch, daß die anderen RestaurantbesucherInnen normale Preise bezahlen. Ein weiteres Ziel des Vereins, der auch eine eigene Zeitung herausgibt (LOBBY für Wohnsitzlose und Arme e.V. Zeitung des Vereins für Wohnsitzlose und Arme. Windthorststr. 80-90, 65929 Frankfurt) ist die Lobbyarbeit für Wohnungslose und Arme.

[22] Nervenklinik Spandau.

[23] Landesversicherungsanstalt.

[24] MARTIN lacht bei dieser Bemerkung.

[25] MARTIN macht dazu eine Trinkgeste.

[26] Bonnies Ranch: Karl-Bonhöffer-Nervenklinik. Psychiatrische Anstalten, in denen auch geschlossene Alkoholentzugstherapien durchgeführt werden. Eine andere gebräuchliche Abkürzung dafür ist: Ka-Bo-En.

[27] Dieses Phänomen hat ROTH 1992 in seiner Studie "Über den Monat am Ende des Geldes" eingehend untersucht.

[28] Vergleichbar sind vielleicht Jack LONDONS autobiografische Schrift "König Alkohol" (1994) oder der Billy-WILDER-Film "The Lost Weekend" aus dem Jahre 1945 nach dem gleichnamigen Roman von Charles R. Jackson mit Ray Millan in der Hauptrolle des Trinkers. Ein weiteres Beispiel ist "Der Trinker" von Hans FALLADA. Harald JUHNKE verleiht einer neueren TOELLE-Verfilmung dieses Stoffes besondere Authentizität.

[29] ACHIM kommt ausführlich zu Wort im nächsten Abschnitt, siehe VI. 3. "Distanzgruppe".

[30] Phonetisch für "H": Heroin.

[31] Was unter "Abziehen" zu verstehen ist, erläutert NICK im folgenden Abschnitt (VI. 3. "Distanzgruppe").

[32] HIV.

[33] Von den Senatsverwaltungen für Bau- und Wohnungswesen sowie Soziales, dem Bezirksamt Schöneberg mit den städtischen und gemeinnützigen Wohnungsgesellschaften geschlosser Kooperationsvertrag für Wohnungsnotfälle zur Vergabe von monatlich etwa 30 Wohnungen an Personen mit Wohnberechtigungsschein (WBS) mit Dringlichkeit durch das Wohnungsamt Schöneberg (zur Kritik vgl.: BINFO. Informationsdienst der Berliner Initiative für Nichtseßhafte e.V., Nr. 14 und 15 sowie BINFO. Informationsdienst der Berliner Initiative gegen Wohnungsnot e.V., Nr. 18); seit 1993 übergegangen in das 'Geschützte Marksegment' (siehe: SCHLOSSER 1993).

[34] FRANK kommt im folgenden Abschnitt (VI. 3. "Distanzgruppe") ausführlich zu Wort.

Weiter zu den Anmerkungen zu Kapitel VI 3. (= Linear Lesen)

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© Text und Gestaltung: Stefan Schneider (zosch@zedat.fu-berlin.de)
Fotos: Karin Powser - Logo: Willly Drucker
Letzte Änderung: 08.12.97