»Hagashima duselt im Hause umher. Er weiß nicht recht, was er will. Sein Werk quält ihn. In Betrachtungen versunken, gurgelt er einen Whisky hinunter und noch einen zweiten. Den Kummer ersäuft man. Dann folgt die Erregung. Die muß sich austoben. Das nennt man produktive Arbeit. Sie ermüdet und bereitet neuen Kummer. So wird die Flasche allmählich leer. Er ist betrübt über diese Feststellung. Törichte Angewohnheit. Man sollte die Flaschen überwinden. Aber sie sind zum Bestandteil seines Lebens geworden. Eines überflüssigen, erloschenen Lebens. Er wird sich nicht bewußt, daß die weiße Flüssigkeit in den Flaschen für ihn eine tiefere Bedeutung hat. Der brennende Trank ersetzt das erkaltende Blut eines Sterbenden. Er beschwört den glühenden Traum und die erhitzte Phantasie. Dieses weiße, wassergleiche Zeug vor ihm im Glas. Übrigens denkt Hagashima nicht mehr. Er schwimmt in einer wohligen Gedankenlosigkeit. Den Kopf in beide Hände gestützt, sitzt er vor seinem niedrigen Schreibtisch, die Füße untergeschlagen, auf dem weichen Mattenboden. Sein Alter meldet sich. Mildtätige weiße Schleier zieht der Alkohol über sein Denken. Die Schleier zerfließen in süße, wiegende Träume. Leicht und ziehend wie ein fernes Schiff am Horizont. Hagashima ist eingeschlafen.« 

Jonny Rieger. Feuer im Osten. Roman. Zürich: Büchergilde Gutenberg 1935, S. 237f

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