Erotische Zeichnung von Auguste Rodin - Quelle: siehe Angabe im Artiekl[Regulierung] Viele Menschen haben Lust auf Sex und hätten gerne welchen. Das hat viele Gründe. Vielleicht ist die Arbeit doof, unsinnig, langweilig oder schlecht bezahlt, oder das Fernsehprogramm ist mies, die Internetverbindung down oder das Wetter lausig. Natürlich gibt es auch Menschen, die gerne Sex hätten, weil Sex Spaß machen und Entspannung bieten kann. Die individuellen Motive sind sicher ausgesprochen unterschiedlich. Eine andere Antwort wäre: Menschen haben gerne Sex, weil sie auch die entsprechenden Organe dazu haben. Das ist aber keine Voraussetzung. Glaubt man Sexualhistorikern – also Wissenschaftlern, die sich mit der Geschichte der Sexualität befassen – so war früher in vielen Kulturen Sex einfacher und vielseitiger zu haben und im Grunde auch unkomplizierter. Alte und junge Menschen hatten miteinander Sex, Menschen und Tiere, und auch das Geschlecht spielte nicht unbedingt eine Rolle. Die meisten Versuche, menschliche Sexualität zu reglementieren und zu normalisieren gab es in den letzten Jahrhunderten. Der Grund ist sehr einfach: Wer die Sexualität von Menschen regieren kann, regiert auch die Menschen. Wobei natürlich einige der Regeln, die sich Menschen gegeben haben, durchaus sinnvoll sind, beispielsweise die Missbilligung von Sex mit Kindern oder die Ächtung von Vergewaltigungen. Aber gerade die Ehe oder die Lebenspartnerschaft sind Staatsversuche, um in Sachen Sex Einfluss zu nehmen. Und dazu kommen die Kirchen mit ihrer verlogenen Sexualmoral. Schon der große Philosoph der Aufklärung Immanuel Kant sprach abfällig über die Ehe als Vertrag zur wechselseitigen Benutzung der Sexualorgane. Aber das ist natürlich nur die eine Seite. Dann gibt es noch die andere, die etwas mit Romantik, Sonnenuntergängen, Händchenhalten und dieser seltsamen erotischen Spannung zu tun hat. Aber das ist ein anderes Thema.

[Kontakt] Nun ist es leider nicht so, dass es einfach wäre, auf die Straße zu gehen und beliebig Leute anzusprechen: Guten Tag, ich heiße N. und habe Lust auf Sex, vielleicht mit Ihnen? Heute fühle ich mich sehr devot und würde mich freuen, wenn ich Ihre(n) dicke(n) [hier irgendein schönes Wort einsetzen] lecken darf? Das kann vielleicht in einigen Szenen so funktionieren, aber die Wahrscheinlichkeit, eine Ohrfeige zu kassieren oder sogar eine Anzeige bei der Polizei wegen Belästigung ist doch sehr groß. Eben auch deswegen, weil Mensch ja nie genau wissen kann, ob der andere Mensch nun auch Lust auf Sex gehabt hätte oder eben nicht oder nur mit seinem Vertragssexualpartner. Zum Glück gibt es heute das Internet und dort die Möglichkeit, seinen Ideen und Phantasien in Sachen Erotik freien Lauf zu lassen. Eine Variante davon ist der Erotikchat, wo mensch unter Pseudonym mit mehreren oder nur zu zweit seinen Vorstellungen und Vorlieben freien Lauf lassen kann. Und noch einen Vorteil gibt es: Wer sich in seinem Dorf mit seiner sexuellen Orientierung vielleicht sehr einsam und unverstanden fühlt, kann damit rechnen, irgendwo da draußen in der weiten Welt des Internets einen Menschen zu finden, der so ziemlich genau das machen will, was der andere im Kopf hat. Und im Chat wäre dann ein Anfang gemacht.

[Effekt] Das ist nicht unpolitisch. Ich erinnere mich noch genau an die 80er Jahre, wo bei nahezu jeder Demo eine Frau am Wegesrand stand – Helga Goetze – die allen, die an ihr vorbeiliefen, ebenso freundlich wie bestimmt und immer sehr entspannt mitteilte: Ficken ist Frieden, Ficken ist Frieden! Und das stimmt auch. Wer fickt, führt keine Kriege, lässt keine Flüchtlinge an den EU Außengrenzen ersaufen, zerstört die Umwelt nicht, drangsaliert keine Mitmenschen, hört keine Internet Daten ab und geht auch keiner sinnlosen Arbeit nach. Jedenfalls für den Moment lang nicht. Wenn ist so darüber nachdenke, meine ich: Helga hatte recht. Mit mehr Sex wäre die Welt sicher ein ganzen Stück lebenswerter.

Berlin, 09.07.2013

Stefan Schneider

[Abbildung] http://www.scribblergrafix.com/theAttic/masters/Rodin02.htm - Eine von Auguste Rodins erotischen Zeichnungen

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