Banksy, Bristol: Arbeitspause 2009 - Foto: Stefan Schneider Ist Pankow ein armer Bezirk? Das ist die Frage, die auch mit verhandelt wurde in den Debatten der letzten Wochen um eine Armutskonferenz in Pankow. Die Anregung dazu kam in Form eines Antrags von der Volkssolidarität auf der Sonder-Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu seniorenpolitischen Themen im Sommer 2009. Zunächst war strittig, wer das veranstalten soll. Die Volkssolidarität war der Auffassung, das Bezirksamt sei hier in der Pflicht. Aber die kurze Tradition der Armutskonferenzen in Deutschland – erst Anfang des Jahres wurde eine Brandenburger Armutskonferenz gegründet – ist eine zivil-gesellschaftliche.

Und so konnte sich die BündnisGrüne Fraktion mit ihrer Idee, dass das Bezirksamt eine Armutskonferenz durchaus umfassend unterstützen, aber nicht selbst durchführen solle, auch durchsetzen. Gegen einige wenige Gegenstimmen und Enthaltungen aus dem konservativen Lager der BVV wurde mehrheitlich beschlossen: "Das Bezirksamt wird ersucht, Nichtregierungsorganisationen und Initiati­ven, die mit ihrer Arbeit und ihrem sozialen und fachlichen Kompetenzen zur Überwindung von Armut in Pankow beitragen, bei einer Pankower Ar­mutskonferenz im Rahmen seiner Möglichkeiten zu unterstützen." Die Befürchtung der Kritiker war, Pankow würde damit zu einem Armutsbezirk hoch stilisiert, was er aber nicht sei. Das aber sagen nicht einmal die Experten: Im Gegenteil. Pankow ist im Vergleich der Berliner Bezirke, etwa gemessen am Sozialindex, eindeutig kein Problembezirk. Trotzdem gibt es auch innerhalb Pankows Sozialräume mit einem deutlich erhöhten Armutsrisiko. Und auch jenseits des Dissenses, ob ALG II – Bezieher nun als arm gelten oder nicht, gibt es mit Sicherheit genug Menschen, die auch in Pankow in Armut leben. Angefangen von der steigenden Zahl der Obdachlosen über die Zahl der Gäste in Suppenküchen und Essensausgabestellen, Kinder und Jugendliche, die in der Schule benachteiligt sind, weil sie zu wenig Geld für trendige Klamotten und Technik haben bis hin zu unterschiedlichsten Problemen der Altersarmut. Nicht alles, so die Überlegung, ist dem Bezirksamt oder in der Kommunalpolitik auch bekannt, und eine Armutskonferenz könnten hier eine Abhilfe schaffen.

Weil die Volkssolidarität sich mit der Vorbereitung einer solchen Konferenz überfordert fühlte und das Projekt aber angeschoben werden musste, lud die BündnisGrüne AG Soziales im November 2009 zu einem offenen Treffen ein, dem auch viele Vertreter von sozialen Einrichtungen folgten. Eineinhalb Stunden lang konzentrierte Debatte ergab folgende Verabredung: Die Kleine Liga, also der bezirkliche Zusammenschluss der Wohlfahrtsverbände in Pankow wird sich des Themas annehmen und für Ende Januar / Anfang Februar zu einem weiteren Planungstreffen auf noch breiterer Ebene einladen. Die eigentliche Pankower Armutskonferenz – so die Zeitvorstellung - solle im zweiten Halbjahr 2010 stattfinden. Inhaltlich wurde festgehalten, dass zuerst Armutserfahrungen und -problematiken konkret zu benennen wären. Dann seien die regionalen Hilfeangebote und Strukturen zu betrachten. Die dritte Ebene wäre die Entwicklung einer Lobby und die Erhaltung und Verbesserung der bestehenden Netzwerke. In Bezug auf die Ziele gehe es erstens darum, die Öffentlichkeit sensibilisieren (Betroffene, Einrichtungen, Akteure, Politiker), zweitens eine Vernetzung herzustellen bzw. zu verbessern, und schließlich drittens konkrete kommunal-politische Lösungen zu erarbeiten. Dies könnten die Verabredung konkreter neuer Aktionen und Projekte, aber auch neue, unkonventionelle Ideen sein oder auch Forderungen an Dritte.

Damit hat, so mein Fazit, Bündnis90 Die Grünen dazu beigetragen, dass eine gute Idee auf einem richtigen Weg ist. Wir werden den Prozess weiter intensiv beobachten, im Kontakt mit den Akteuren bleiben und zusehen, was davon kommunal-politisch in der BVV umsetzbar ist. Denn genau umgekehrt wird daraus ein Argument: Gerade weil sich der Bezirk insgesamt, in Bezug auf die Einwohnerentwicklung und den Sozialindex im Durchschnitt positiv entwickelt, ist es eine besondere Verpflichtung und Verantwortung, die Aufmerksamkeit auf alle die zu richten, die immer noch oder weiterhin benachteiligt sind.

Dr. Stefan Schneider, BVO

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