Suppe, Seife, Seelenheil?  

"Spendet man Geld,

ärgert man sich,

weil es nichts nützt,

spendet man nichts,

ärgert man sich auch,

weil man ein schlechtes Gewissen hat."  

Josefine (Lea Mornar) und Isolde (Heike Makatsch) sind Soldatinnen Gottes, Leutnants einer fiktiven Heilsarmee. Ihr Ziel ist es, Güte und Liebe unter die Menschen zu bringen, ihr Auftrag, sich um Obdachlose in einem Asyl zu kümmern. Dort sind die Verhältnisse etwas aus dem Ruder gelaufen, jedenfalls im Sinne der Mission.

Doch die beiden sind nicht die einzigen Neuankömmlinge in der gro§en Stadt, auch der Unternehmenssanierer Tristan (Moritz Bleibtreu) hat sich dort breitgemacht. Er sortiert die Leute knallhart aus und setzt sie skrupellos auf die Straße; während Josefine und Isolde eben diese Leute wieder auflesen in ihrem Asyl. Es gilt, einen Auftrag zu erfüllen, aus ihren Kunden wieder Menschen zu machen mit einer Aufgabe und einer Perspektive. Doch erstmal mu§ Geld herangeschafft werden, um das etwas heruntergekommene Asyl wieder auf Vordermann zu bringen - mit Straßenmusik und dem Verkauf einer Straßenzeitung.

Es liegt in der Natur einer solchen Geschichte, da§ sich die Wege von Tristan und Josefine mehrfach kreuzen müssen in diesem Film: Tristan stellt eine Spende von 10.000 DM in Aussicht, wenn Josefine mit ihm ausgeht, und es ist klar, was er sich darunter vorstellt.

Der Regisseur des Films, Detlev W. Buck ("Karniggels", "Wir können auch anders...", "Männerpension") selbst sagt dazu in einem Spiegel-Interview: "Es geht mir nicht so sehr um Obdachlose, sonst hätte der Film auch einen anderen Titel. In Wahrheit erzählt "Liebe Deine Nächste!" die Geschichte eines Mannes ohne Moral. Er mag Sex und Geld und verabscheut Liebe. Dann trifft er auf eine Frau, die das genaue Gegenteil von ihm ist: Ihr geht es um Moral und um Ideale. Er will sie mit den einzigen Mitteln bezwingen, die er kennt, also Sex und Geld. Doch er scheitert, weil man einen Menschen, der eine innere Überzeugung hat, nicht besiegen kann."

Und doch, wie ist das mit der Moral? Was ist daran auszusetzen, wenn in einem Obdachlosenasyl exzessive Feten (Orgien?) gefeiert werden? Weshalb ist "Suppe + Seife + Seelenheil = Halleluja"? Warum gehen die Soldatinnen Gottes mit Straßenmusik stellvertretend für die Penner betteln, wenn diese das doch auch ganz für Ihre eigene Zwecke hinkriegen? Inwieweit kann man sich für Spendengelder prostituieren? Immerhin kann man mit 10.000 eine Menge auf die Beine stellen.

Was diesen Film sehr sympathisch macht, ist, daß er diese Fragen letztlich nicht auflöst, wie es von jedem guten Hollywood-Schinken zu erwarten wäre. Tristan und Josefine werden kein Paar, auch die Zukunft des Obdachlosenasyls bleibt offen. Stattdessen sitzen die Soldatinnen Gottes zum Schluß wieder in einem Zug, und der nächste Fall wird anders ausgehen. Vorhang zu und alle Fragen offen. Auf jeden Fall habe ich mich als Besucher des Films nicht gelangweilt...  

Stefan Schneider    

Liebe deine Nächste, D 1998, ca. 90 min,

Regie: Detlev Buck,

Darsteller: Lea Mornar, Heike Makatsch, Moritz Bleibtreu, Heribert Sasse, Marc Hosemann

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